
02 Mai Nicht alles macht Spaß
Jeder kennt das: man macht seinen Job prinzipiell gerne und doch gibt es Dinge und Aufgaben, die einem einfach gegen den Strich gehen und die man auch mit viel Schön-Reden nicht wesentlich lieber macht. Und dennoch: irgendjemand muss sie erledigen.
Katzenhalter wissen wovon ich spreche: eine Katze ist eine wunderbare Mitbewohnerin. Sie schmust, sie ist verständnisvoll, sie ist geheimnisumwittert und man kann ihr stundenlang beim Spielen zusehen. Und sie hat einen großen Nachteil: auch sie muss auf die Toilette. Diese muss dann jemand ausräumen. Und das ist jedes Mal sprichwörtlich zum Kotzen. Und dennoch muss es jemand machen, die Katze kann’s ja nicht selbst machen. Man hadert damit und vollbringt die lästige Aufgabe unter größtem Widerwillen.
Love it, change it or leave it.
Natürlich ist es -vor allem in beruflichen Belangen – bei vielen Gelegenheiten zuerst einmal angebracht, darüber nachzudenken, ob ich in meiner Aufgabe nicht doch einen Sinn finden kann, der möglicherweise sogar eine Bereicherung für mich darstellt („love it“). In unserem Katzenbeispiel ist der Sinn (für mich persönlich) jener, dass ich unsere Katze liebe und das Zusammenleben mit ihr ein Quell vieler Freuden ist. Diese Vorstellung hilft, meiner ungeliebten Katzenkisterl-Ausräum-Tätigkeit nachzukommen, sie zu lieben, dazu reicht die Motivation nicht aus.
Natürlich kann man sich auch überlegen, die Aufgabe oder die Situation zu ändern. Beispielsweise könnte ja jemand anderer die Freuden des Spielens mit Katzenstreu und Plastikschauferl statt einem selbst übernehmen. Meistens will der- oder diejenige das aber genauso wenig und so ist delegieren keine Option. Keine Katze zu besitzen, ist im Sinne von „change it“ auch keine Option (vgl. Quell vieler Freuden…).
Das Katzenklo gar nicht auszuräumen (leave it), ist für Freunde feiner Gerüche und hygienisch tadelloser Wohnbedingungen auch keine durchführbare Variante. Keine Katze zu haben (siehe oben) oder die Wohnung gänzlich der Katze zu überlassen und auszuziehen, fallen unter die Kategorie „nicht realisierbar“.
Die Varianten „change it“ und „leave it“ sind also nicht akzeptabel, die Option „love it“, wünschenswert, aber nicht durchführbar. Was also tun?
Ich muss wohl zwei oder drei Raupen aushalten, wenn ich die Schmetterlinge kennenlernen will.
Für unser Beispiel sehr passend hat Antoine de Saint-Exupéry in seinem Buch „Der kleine Prinz“ diese Weisheit einer Blume in den Mund gelegt. Er hat damit auch für viele andere Situationen recht: es gibt Dinge, die für uns besonders wertvoll sind – und das hat seinen Preis. Will ich mit einer Katze zusammenleben, so muss ich es aushalten, dass es zu meinen Aufgaben gehört, ihr Kisterl auszuräumen, genauso wie ich sie füttern muss oder für regelmäßige Streicheleinheiten zu sorgen habe. Es gehört einfach zum Gesamtpaket dazu.
Die Kunst, auch das Unangenehme anzunehmen.
Eine unangenehme Aufgabe als notwendig und wichtig zu erachten und damit auch aushalten zu können, fällt schon eher in den Bereich der realisierbaren, inneren Haltungsänderung.
Es gibt viele Arten und Lösungswege, wie man sich in sein Schicksal fügen kann, wenn einem etwas widerstrebt, aber dennoch nicht umgangen werden kann. Diese sind wie so oft von der speziellen Situation und von persönlichen Möglichkeiten abhängig.
Ich denke, vor jedem Lösungsansatz, den man sich überlegen kann, sollte die Frage stehen: Ist es mir das wert? Will ich den Schmetterling wirklich sehen? Oder interessiert er mich gar nicht?
Spätestens, wenn man als Katzenbesitzer in die glückliche Situation gelangt, obendrein Eltern zu werden, relativiert sich die Belastung, die das Säubern einer Katzentoilette mit sich bringt. Randvolle Babywindeln zu wechseln und dabei auftretende Kollaterlaschäden, spielen nämlich in einer ganz, ganz anderen Liga.
Und dort mitzuspielen ist jede Unannehmlichkeit wert.